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Corona-Politik

Eine Pandemie-Politik, die enden muss

Die Inzidenz-Werte steigen wieder und die Politik reagiert. Die Maßnahmen treffen wie schon seit Monaten vor allem die jungen Menschen, die dabei kaum ein Mitspracherecht haben. Da stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis diese Maßnahmen zur tatsächlichen Bedrohungslage stehen und ob dadurch nicht mehr Schaden angerichtet als verhindert wird.

31. August 2021, von Reiner Hauser

Während in vielen ärmeren Ländern Corona noch immer grassiert und die Gesundheitssysteme überlastet sind, hat sich die Lage in Deutschlands Krankenhäusern mit der Impfung der älteren Teile der Bevölkerung entspannt.

Dennoch bleibt Corona das allgegenwärtige Thema, das unseren Alltag bestimmt. Seit Wochen gehen die Infektionszahlen bei den Jüngeren nach oben und es wird erneut über Maßnahmen gestritten. Immerhin schwenkt die Politik langsam wie ein im Suez-Kanal havarierter Öltanker um und lässt die reinen Inzidenz-Werte zugunsten einer Hospitalisierungsquote fallen. Entscheidend für Einschränkungen soll also sein, wie viele Menschen wegen Covid im Krankenhaus behandelt werden müssen.

Das ist ein längst überfälliger Schritt für Kritiker der bisherigen Handhabe von Daten in der Krise. Zu lange haben sich Politik und Medien immer gerade die Zahlen herausgepickt, die am besten in den Panik-Modus passten. Mal waren es die Todeszahlen, dann die Übersterblichkeit, dann die Inzidenzen und wieder von vorn. Meist wurde alles in absoluten Werten angegeben, ohne sie mit anderen Krankheiten zu vergleichen oder auf die Todeszahlen in normalen Jahren zu achten.

Doch selbst jetzt noch hat das nicht aufgehört. Bei den Jüngeren steigen die Zahlen rasant, ohne dass eine besondere Gefährdung entstehen würde. Experten bestätigen, dass Covid bei diesen Altergruppen mit anderen Atemwegs-Erkrankungen zu vergleichen sei, etwa mit der Grippe. Und auch die Zahl der stationär aufgenommenen Kinder in Deutschland ist bislang lediglich zweistellig. Wie viele davon bleibende Schäden davontragen oder sogar sterben, wird gar nicht angesprochen, vermutlich weil es bei Einzelfällen bleibt.

Die Jüngeren trifft es am härtesten

Trotzdem – und das ist der Grund für diesen Artikel – bürden wir den Kindern und Jugendlichen noch immer härteste Maßnahmen auf, wesentlich härtere als wir Erwachsene sie selbst erdulden müssen. Welcher Erwachsene muss schon den halben Tag lang seine Maske tragen so wie unsere Schüler? Vom Ausnahmezustand der ständigen Überwachung und der Pandemie-Verhältnissen ganz zu schweigen. Abstände, getrennt sitzen, Wechselunterricht, Tests und eben die Masken. Vereinssport und andere Freizeitbetätigungen waren lange problematisch und sind es teilweise noch immer (Innenräume) und werden es wohl wieder, wenn die Zahlen weiter klettern. Und so etwas wie Stabilität im Alltag dürfte sowieso eine Traumvorstellung geworden sein.

Dabei sind die Jüngeren am allermeisten auf das soziale Leben angewiesen. Die Erwachsenen scheinen in diesem Zusammenhang ihre eigene Kindheit vergessen zu haben. Sie können relativ normal ihrer Arbeit nachgehen, sind dort in ihrem sozialen Umfeld nach wie vor eingebunden. Sie treffen sich nicht so häufig in der Freizeit mit anderen Menschen außerhalb der Familie. Für die meisten Erwachsenen hat sich am Ende des Tages einfach nicht so viel verändert (mit Ausnahme der härtesten Lockdown-Phasen) und vor allem können sie sich den Maßnahmen, die ihnen nicht gefallen oder die sie als nervig empfinden, einfach entziehen. Kinder und Jugendliche haben es hier viel schwerer.

Letztlich sind die Konsequenzen aus der Dauer-Isolation gar nicht abzuschätzen. Die psychischen Folgen des ewigen Lockdowns möchte ich mir gar nicht ausmalen. Und wenn ich an die Jugendlichen und jungen Erwachsenen denke, denen bald zwei Jahre Freiheit genommen worden sind, bin ich kein bisschen überrascht, dass die Jüngeren zunehmend alle Vorsicht fahren lassen. Sie tun es zu Recht. Und ich tue mich sehr schwer, zu glauben, dass die Generationen, die diese Maßnahmen jetzt mit Überheblichkeit und der Moralkeule seit Monaten durchdrücken in ihrer eigenen Jugend auch nur einen Bruchteil der Geduld gezeigt hätten, die unsere Jugend bislang aufgebracht hat.

Das Ziel der Maßnahmen bleibt unklar…

Trotz allem sind die Reaktionen auf die steigenden Zahlen auch jetzt wieder dieselben: Mehr Maßnahmen, besser aufpassen, noch mehr Ausnahmezustand. Wie lange soll das gehen? Hat dafür irgendwer eine Antwort? Wenn wir ohne echte gesundheitliche Risiken, also solche die das normale Lebensrisiko durch Krankheiten überschreiten, den Krisenmodus aufrechterhalten, wann hören wir dann damit auf? Wenn kein einziger Mensch mehr wegen Virusinfektionen ins Krankenhaus muss? Dann wird die Pandemie nie enden.

Das Ganze wird umso absurder, wenn wir Kinder nicht Impfen können, weil die Gefahren zu groß sind. Was ist denn dann das Ziel? Bei den Älteren konnte man das Impfen abwarten. Doch wenn das bei den Kindern nicht geht, was genau ist denn dann der Zielzustand? Hoffen wir darauf, dass uns Corona eines Tages auf magische Weise in Ruhe lässt und die armen Kinder nicht mehr befällt? Covid wird genau wie die Influenza nicht auszurotten sein, dafür ist die Welt zu groß und die Viren zu viele. Wir werden damit leben müssen.

…und die Kollateralschäden sind gewaltig

Doch das Leben verliert zu viel Qualität, wenn sie Tag für Tag unser Denken und unser Leben bestimmen. Wenn wir keine Konzerte mehr abhalten, keine Stadien mehr befüllen. Wenn wir nicht mehr zusammenkommen können, ohne Ausweise vorzuzeigen, ohne sich zu desinfizieren und Tests zu machen.

Wenn diese Maßnahmen keine Folgen hätten, wären sie ja noch zu vertreten. Doch die Nebenwirkungen überschreitet in meinen Augen mittlerweile deutlich den Nutzen. Zumindest jetzt, wo kaum noch jemand an Covid stirbt, dank Impfungen.

Dem Schutz der körperlichen Gesundheit stehen Schuldgefühle, Angststörungen, Vereinsamung und Depressionen entgegen. Ob eine ganze Generation darüber hinaus sozial traumatisiert wird, kann man an der Stelle noch gar nicht beurteilen. Von der Neuverschuldung, die ebenfalls auf den Schultern der Jüngeren lasten wird, noch gar nicht gesprochen.

Es muss ständig abgewogen werden

Der Verlust an Lebensqualität muss gegen das pure Leben aufgewogen werden, so wie das stets geschehen ist und geschieht. In jeder persönlichen Lebenslage und in jeder politischen Maßnahme. Jeden Tag entscheiden wir uns, gewisse Risiken einzugehen, um ein vernünftiges Leben führen zu können. In der Hysterie um das Infizieren mit dieser Krankheit ist, meiner Meinung nach, das Gefühl für diese einfache Tatsache verloren gegangen.

Würde sich zeigen, dass Kinder und Jugendliche durch Covid einem erheblichen gesundheitlichen Risiko ausgesetzt würde, das nicht mit anderen, bekannten Krankheiten zu vergleichen ist, wären Maßnahmen natürlich gerechtfertigt. Doch die Erkenntnisse und Erfahrungen aus vergleichbaren Ländern (etwa Großbritannien) deuten nicht darauf hin. Unter diesem Eindruck komme ich zu dem Schluss, dass die Maßnahmen wesentlich mehr Schaden für unser Leben und vor allem für das unserer Kinder anrichten, als sie verhindern. Wenn Ihnen diese Einschätzung übertrieben vorkommt, erinnern Sie sich zurück, wie es war, ein Kind oder ein(e) Jugendliche(r) zu sein.

Zum Schluss: Glauben Sie bitte nicht blind, was ich schreibe. Glauben sie nie blind, was irgendwer schreibt. Ich verfasse meine Artikel auf Basis von Informationen, die ich durch Nachrichten, Artikel, andere Personen und eigene Interpretation von aktuellen und geschichtlichen Zusammenhängen gewinne. Aber am Ende ist es nur meine persönliche Meinung. Nehmen Sie diese als Anreiz, sich eine Meinung zu bilden oder Ihre bestehende mit der ein oder anderen neuen Überlegung zu erweitern.

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